UX ohne Strategie? Warum das nicht mehr reicht

„Ich bin oft die einzige Person im Team, die über Nutzer spricht.“

Dieses Zitat aus meiner UX-Strategie-Umfrage im April hat mich nicht mehr losgelassen.
37 UX-Professionals aus meinem Netzwerk haben mir offen erzählt, was bei ihnen funktioniert – und wo sie regelmäßig an Grenzen stoßen. Ihr Feedback zeigt: Viele Unternehmen haben noch große blinde Flecken, wenn es um UX-Strategie geht. 👉 Zu den Umfrageergebnissen

UX-Strategie entscheidet, ob gute Ideen Wirkung entfalten – oder im Alltagsstress verpuffen.
Deshalb schreibe ich diesen Artikel: Um Klarheit zu schaffen. Und zu zeigen, warum UX-Strategie kein Luxus ist – sondern ein Muss.

Die wichtigsten Erfolgsfaktoren:

✅ Eine klare Vision und Mission
✅ Messbare KPIs, die Nutzer- und Businessziele verbinden
✅ Eng abgestimmte Stakeholderprozesse
✅ Regelmäßiges Nutzerfeedback

Die größten Hürden:

🚧 Fehlende Ressourcen und Priorisierung
🚧 Mangelnde UX-Reife
🚧 Unklare Rollen und Verantwortlichkeiten



Mein Weg zur UX-Strategie

Als ich 2007 ins Berufsleben startete, war „UX“ noch kaum verbreitet. Wir nannten uns Webdesigner:innen oder Interface-Designer:innen – mit dem Ziel, dass Interfaces vor allem schön aussehen. Die Strategie dahinter? Meist Sache des Produktmanagements.

Ein Wendepunkt kam mit der Zusammenarbeit mit Researcher:innen mit Psychologie- oder Soziologie-Background. Plötzlich stand der Mensch mit all seinen Denkweisen und Bedürfnissen im Mittelpunkt – und das hat meine Sicht auf Design grundlegend verändert.

Gleichzeitig wuchs mein Interesse an der Business-Perspektive. Besonders intensiv wurde das Thema, als ich mein eigenes Startup hatte. Wir haben uns viele Fragen gestellt: Wie vermarkten wir unser Produkt nach dem Stipendium? Wie machen wir daraus ein tragfähiges Unternehmen?
Diese Erfahrungen haben mir gezeigt: Ohne eine wirtschaftliche Perspektive bleibt Menschzentrierung oft eine gute Absicht – aber keine tragfähige Strategie.

Ein Beispiel:
In einem Projekt, dessen Geschäftsmodell auf Werbebannern basierte, standen sich zwei Interessen gegenüber: Auf der einen Seite die Werbeeinnahmen – auf der anderen Seite Nutzer:innen, die die Banner als störend empfanden. Meine Aufgabe war es, Lösungen zu entwickeln, die beide Perspektiven berücksichtigen. Wir testeten verschiedene Varianten in A/B-Tests und lernten: Mein persönlicher Designgeschmack ist nicht entscheidend – die Zielgruppe ist es.
Und: Daten sind oft die bessere Grundlage für Entscheidungen.


UX-Strategie bedeutet für mich genau das:

Den Menschen im Fokus zu behalten – und gleichzeitig das Business im Blick zu haben.
Der Schnittpunkt in der Mitte ist der Sweet Spot: Hier treffen Nutzerbedürfnisse und Unternehmensziele aufeinander. In diesem Bereich entstehen Lösungen, die sowohl wertvoll für den Menschen als auch wirtschaftlich erfolgreich sind.

Und: UX-Strategie heißt auch, interdisziplinär zu arbeiten.
Die besten Lösungen entstehen, wenn unterschiedliche Kompetenzen und Sichtweisen – aus Design, Business, Tech und Service – gemeinsam in die Entwicklung einfließen.


Produktstrategie vs. UX-Strategie – nicht das Gleiche

Produktstrategie beantwortet:

Was bauen wir – und für wen?

UX-Strategie ergänzt:

Wie gestalten wir es so, dass es für Menschen funktioniert – und wie verankern wir das in der Organisation?


Die beiden müssen Hand in Hand gehen. Wenn nur eine Seite stark ist, leidet die andere – und am Ende auch das Produkt.

Ein Beispiel:
Ein Product Owner möchte möglichst viele Abschlüsse generieren und optimiert Conversion-Elemente. Der Kundenservice berichtet gleichzeitig von vermehrten Supportanfragen – weil Nutzer:innen die Seite als überladen empfinden. Wenn das Produkt stattdessen klar und selbsterklärend ist, profitieren beide Seiten: höhere Zufriedenheit und weniger Aufwand. Ein gemeinsames Ziel – aus unterschiedlichen Perspektiven.


UX-Strategie definieren und leben

Bevor ein Team mit UX-Strategie startet, braucht es ein gemeinsames Verständnis:

  • Was verstehen wir überhaupt darunter?
  • Wer ist verantwortlich?
  • Gibt es Rollen, die UX-Strategie aktiv vorantreiben?

UX-Strategie ist kein Nebenbei-Thema. Sie braucht Zeit, Fokus und ein klares Mandat. In vielen Unternehmen fehlt eine feste Rolle dafür.
Ein internes Update pro Quartal reicht nicht. Stattdessen braucht es Verantwortliche, die die Strategie kontinuierlich pflegen, transparent machen und für alle sichtbar verankern.

Denn der größte Pain vieler UXler:innen ist:


➡️ zu spät eingebunden zu werden
➡️ sich immer wieder erklären zu müssen
➡️ keine strategische Wirkung entfalten zu können

UX-Strategie bedeutet: Das Unternehmen menschenzentriert ausrichten.
Und dafür braucht es mehr als gute Absichten. Es braucht einen Plan – und die Kraft zur Umsetzung.

Das UX-Strategie-Haus
6 Handlungsfelder

Ich denke UX-Strategie gern als Haus – mit sechs zentralen Bausteinen:

  1. Vision & Mission – das Dach: Gibt Richtung und Sinn.
    Methode: „Design Vision Sprint“ zur gemeinsamen Zielentwicklung mit Stakeholdern.

  2. Wertschöpfung & Messung – das Thermostat: Zeigt, ob alles funktioniert.
    Beispiel: Verknüpfung von UX-KPIs (z. B. Task Success Rate, Customer Effort Score) mit Business-Zahlen (Conversion, Churn).

  3. Stakeholder & Organisation – die tragenden Balken: Verbindet Räume und Menschen.
    Methode: Stakeholder-Mapping & regelmäßige UX-Jour-Fixe.

  4. Prozesse & Tools – die Werkzeuge: Ohne sie geht nichts.
    Tool: Insight-Plattformen wie Dovetail, Notion oder Confluence etc. helfen beim Wissenstransfer.

  5. Marke & Wettbewerb – die Fassade: Zeigt, wofür wir stehen.
    Methode: UX-Benchmarking oder Markenrad aus UX-Sicht.

  6. Persönliche Haltung – das Fundament: Macht alles stabil.
    Tipp: UX-Retros – Was hat strategisch gewirkt? Was fehlte?

Was eine UX-Strategie leistet

Eine gute UX-Strategie ist Kompass und Brücke:

✅ Sie hilft, langfristige Ziele trotz Alltagsstress im Blick zu behalten
✅ Sie verbindet Nutzerbedürfnisse mit Geschäftszielen
✅ Sie stärkt Argumentationen gegenüber dem Management

👉 Mit Frameworks wie OKR (Objectives & Key Results) lässt sie sich fest im Arbeitsalltag verankern.
So können Teams ihre Arbeit regelmäßig daran ausrichten – ohne bei jeder Entscheidung von vorne anfangen zu müssen.

UX-Strategie als Kommunikationsmittel

UX-Strategie hilft dir, andere mitzunehmen:

🗣️ Sie macht Maßnahmen und Nutzen transparent
⚖️ Sie deckt Zielkonflikte frühzeitig auf
🔗 Sie erleichtert die Abstimmung zwischen Abteilungen

Das Ergebnis:
Mehr Verständnis und Akzeptanz für UX – nicht nur im Designteam, sondern im ganzen Unternehmen.

Nächste Schritte – so kannst du direkt loslegen

Wenn UX-Strategie bei euch noch zu vage ist oder im Alltag untergeht, hier ein paar konkrete Ideen für den Einstieg:

Starte klein, aber sichtbar: Führe einen monatlichen UX-Strategie-Check-in im Team ein. Was lief gut? Was fehlte?

Sprich die Sprache der Stakeholder: Welche KPIs oder Ziele sind ihnen wichtig? Wie kann UX konkret dazu beitragen?

Visualisiere deine Strategie: Ein einfaches Poster mit Vision, Zielen und Initiativen schafft Klarheit und fördert Diskussionen.

Nutze Frameworks wie OKR oder das UX-Strategie-Haus: So werden strategische UX-Ziele zur festen Orientierung im Alltag.

Verbünde dich mit anderen: UX-Strategie braucht Allianz – mit PO, Research, Service, Entwicklung.

Fazit

UX-Strategien sind kein „Nice-to-have“. Sie sind der Kompass für Teams, die gestalten statt nur reagieren – und die Brücke zwischen Vision und Alltag.

Wenn du gerade an einer Strategie arbeitest oder eine aufbauen willst: Schreib mir gern – oder komm in unseren Arbeitskreis „UX-Strategie“ bei der German UPA. Dort teilen wir Erfahrungen, Frameworks, Tools – und machen UX-Strategie gemeinsam lebendig.

Franzi Detail

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