UX-Leadership-Barcamp „Expert“
Mein viertes Barcamp dieses Jahr – WOW!
Ein großes Dankeschön an die DATEV, die mir die Teilnahme an diesem inspirierenden Format ermöglicht hat. Solche Veranstaltungen bieten eine hervorragende Plattform, um Wissen auszutauschen und sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Nach einem Tag voller Inputs und intensiver Gespräche war mein Kopf zwar erschöpft, aber ich wollte meine wichtigsten Erkenntnisse festhalten und teilen. Von den sechs spannenden Talks, die ich besucht habe, möchte ich auf vier eingehen:
- Vom Erarbeiten einer UX-Vision als Nordstern fürs Unternehmen zur aktiven Anwendung (Frank Hösler)
- UX nachhaltig im Unternehmen etablieren (Christin und Friederike)
- UX-Organisationsmodelle fĂĽr die digitale Produktentwicklung (Ulf Schubert)
- Unsere UX-Reifegradentwicklung 2021–2024 im B2B-Umfeld (Anna Sippl)
Das Miro Board
Meine Gedanken
Nach einer Keynote von Ingo Widmann, Head of UX in der internen IT bei SAP, schossen mir hunderte von Gedanken durch den Kopf. Ingo berichtete von der Einführung von einer User centric IT bei SAP im Dezember 2016 und seine Metapher “Warum mich die Konzert-Setliste von Metallica an meine UX-Arbeit erinnert” und “Wie stelle ich die richtige “UX-Setliste” zusammen, um die Stakeholder zu begeistern.
Erfolg hängt oft davon ab, immer und immer wieder dasselbe Lied zu spielen und dieses motiviert vorzutragen, um die Fans zu begeistern. Der Erfolgsfaktor fĂĽr ein gelungenes Konzert ist die Erwartungshaltung zu kennen und Erlebnisse zu schaffen.Â
👉 Die Zusammenfassungen vom Experience Leadership Club
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Nach der Keynote fragte ich mich wieder, warum es immer noch so ein ungleiches Verhältnis von UX und Entwicklern in Unternehmen gibt. Alle reden vom Problemraum, doch irgendwie wollen alle immer nur in den Lösungsraum – und genau dort wird dann intensiv investiert.Â
Eine Discovery benötigt zwar weniger Ressourcen, hat aber einen enormen Einfluss auf die Umsetzung. Leider ist das immer noch nicht allen bewusst, obwohl eine gründliche Discovery spätere Fehler und Nacharbeiten reduziert. Das ist zumindest meine persönliche Erfahrung aus unzähligen Projekten – und aus vielen Fehlern der Vergangenheit.
Ein weiteres zentrales Thema, das sich wie ein roter Faden durch den Tag zog, war das Rollenverständnis von UX-Professionals und die Frage: Was müssen die Superkräfte eines UX-Professionals sein? Neben methodischem Verständnis, Tool-Know-how und der Fähigkeit, den HCD-Prozess zu leben, sind vor allem Kommunikation und Kollaboration entscheidend. Wenn mich meine Stakeholder nicht verstehen und ich mein Team nicht mitnehmen kann, dann wird ein Projekt im schlimmsten Fall scheitern. Bei diesem Punkt waren wir uns alle einig.
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Was nehme ich aus diesem Barcamp mit?Â
Wie immer gibt es nicht den einen Prozess, nicht die eine Organisationsform oder das eine Modell, um unsere Arbeit als UX-Professionals sichtbar zu machen. Der Tag hat deutlich gemacht, dass es nach wie vor schwierig ist und viele dieselben Probleme haben. Es ist traurig, dass wir unsere Arbeit immer noch rechtfertigen und erklären müssen und so viele Unternehmen immer noch zu wenig Ressourcen in UX investieren – obwohl der Mehrwert doch eigentlich klar sein sollte.
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Vier Beiträge im DetailÂ
1. Vom Erarbeiten einer UX-Vision zur aktiven Anwendung
Frank Hösler berichtete von seiner Arbeit an der UX-Vision für JOYclub. Die Plattform, die seit 2005 aktiv ist, war mir zuvor nicht bekannt, doch der Einblick in seinen Prozess war äußerst inspirierend. Seine Aufgabe besteht darin, eine neue Vision zu entwickeln, die er im Detail vorstellte. Frank gab spannende Einblicke in die Aktivitäten rund um die Design-Vision. Er präsentierte Ergebnisse aus Research, Trend- und Wettbewerbsanalysen, die unter anderem in Personas überführt wurden. Außerdem zeigte er UX-Leitlinien, Prinzipien, den Tone-of-Voice sowie Bildwelten, die ein umfassendes Bild der angestrebten Vision vermittelten. Die größte Herausforderung liegt nun darin, die Vision allen zugänglich zu machen, sie in die Praxis umzusetzen und alle Beteiligten auf diesem Weg mitzunehmen.
Im Anschluss fand ein Austausch mit den Teilnehmer:innen statt, die ihre eigenen Erfahrungen mit Visionen teilten. Ein besonderer Dank geht auch an Ulf, der das Video von der DATEV geteilt hat.
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2. UX nachhaltig im Unternehmen etablieren‍
Dieser Talk ging um das Thema, wie UX in Unternehmen mit niedrigem Reifegrad verankert werden kann. Christin und Friederike von Userlutions stellten ihr 3-Berge-Modell vor und gaben drei konkrete Tipps:
- Kommunikation: Methodenkenntnisse allein reichen nicht – UX-Professionals müssen ihre Erkenntnisse verständlich vermitteln.
Oft sprechen Stakeholder und UXler verschiedene Sprachen. Eine klare Kommunikation ist entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. - Showing Up: UX-Teams müssen sichtbar und greifbar sein. Formate wie „Coffee Dates“, Team-Days oder Dailys können helfen, Methoden zu erklären und Akzeptanz zu schaffen.
- KPIs: Besonders spannend war die Frage, wie man den Erfolg von UX-Aktivitäten misst, insbesondere wenn noch keine Datenbasis existiert. Die Referentinnen zeigten, wie UX-Maßnahmen auf Unternehmensziele einzahlen können und wie passende KPIs definiert werden.
Spannend fand ich die Beispiele für proaktive, verhaltensbasierte UX-Ziele, die nicht direkt messbare Ergebnisse, sondern strategische Fortschritte fördern. Dieses sind ähnliche operative oder prozessorientierte UX-KPIs und Testing Ziele, die auf die kontinuierliche Verbesserung der UX und die Einbindung von Stakeholdern abzielen:
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3. UX-Organisationsmodelle für die digitale Produktentwicklung‍
Organisationsmodelle sind ein Thema, das mich immer besonders interessiert, da ich schon in den unterschiedlichsten Bereichen gearbeitet habe. Ulf Schubert stellte uns seine Insights aus seiner persönlichen Analyse vor.Â
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Die vier Modelle die Ulf vorgestellt hat:
Organisationsmodelle sind ein Thema, das mich besonders interessiert. Ulf lieferte dazu eine fundierte Analyse und stellte vier Modelle vor:
- UX-Dienstleister-Modell:
Externe Agenturen ĂĽbernehmen UX-Arbeit.
Geeignet für Unternehmen ohne interne UX-Teams oder bei kurzfristigen Engpässen.
Nachteil: Verlust von interner Expertise. - Matrix-Modell:
UX-Professionals sind fachlich in Entwicklungsteams integriert, aber zentral organisiert.
Ideal fĂĽr kleine bis mittlere Teams, jedoch nur begrenzt skalierbar.
‍Funktioniert nur bis 15 Personen danach braucht man Strukturen - Dezentrales Modell:
UX-Professionals arbeiten vollständig in Projektteams.
Vorteil: Starke Produktnähe
Nachteil: Gefahr von Inkonsistenz und weniger Austausch zwischen UX-Teams. - UX-Pool-Modell:
Eine zentrale Einheit verteilt UX-Professionals bedarfsorientiert an Projekte.
Flexibel, aber mit hohem Koordinationsaufwand verbunden.
Ab 10.000 Personen
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Zusammenfassung und Auswahlkriterien
Die Wahl eines Modells hängt von mehreren Faktoren ab:
- Reife der UX-Disziplin: Zentralisierte Modelle eignen sich gut für Anfänger, hybride Modelle für fortgeschrittene Teams.
- Unternehmensgröße: Kleinere Unternehmen profitieren oft von zentralisierten Modellen, während große Organisationen hybride oder dezentrale Ansätze bevorzugen.
- Kultur und Ziele: In agilen, dynamischen Unternehmen sind dezentrale oder verteilte Modelle häufig effektiver.
- Fokus auf Konsistenz: Wenn ein einheitliches Nutzererlebnis wichtig ist, sind zentralisierte oder hybride Modelle ideal.
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Welches Modell für dein Unternehmen oder Projekt das richtige ist, hängt stark von den spezifischen Anforderungen und der Organisationsstruktur ab.
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4. UX-Reifegradentwicklung im B2B-Umfeld‍
Anna Sippl reflektierte das UX-Reifegradmodell und ihre Erfahrungen von 2021 bis heute. Ihr Unternehmen befindet sich aktuell auf der Stufe „Level 4 – Structured“. Sie zeigte jedoch auch die Unterschiede im Reifegrad innerhalb des Konzerns auf.
Spezifische Herausforderungen treten im B2B- und B2C-Umfeld auf, z. B. durch Internationalisierung, Sprachbarrieren oder kulturelle Unterschiede bei Multi-Länder-Rollouts. Ihr Vortrag hat verdeutlicht, wie wichtig es ist, die UX in jeder Ecke eines Unternehmens zu fördern, um langfristigen Erfolg zu sichern.
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Der krönende Abschluss – Eine 5 monatige UX-Lernreise
Rebekka Schmidt, DATEV stellte am Ende des Barcamps eine spannende Methode vor: die UX-Lernreise. Hier arbeiten kleine Gruppen von UX-Professionals ĂĽber 20 Wochen an individuellen Zielen. Beispiele dafĂĽr sind die Entwicklung einer UX-Strategie oder die Vermittlung des Mehrwerts von UX an Stakeholder.
Die Methode basiert auf „lerlOS“ von Simon Dückert und umfasst regelmäßige Treffen – persönlich, virtuell oder hybrid. Ich freue mich schon darauf, ab Januar 2025 Teil dieser Reise zu sein und bin gespannt, welche Impulse ich daraus für meinen Arbeitsalltag mitnehmen werde.
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👉 Die Zusammenfassungen vom Experience Leadership Club der Keynotes und der Podiumsdiskussion findet Ihr hier: https://lnkd.in/ek47N7s2
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Fazit
Das Barcamp hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig Austausch und Vernetzung in der UX-Community sind. Auch wenn es immer noch frustrierend ist, dass UX-Arbeit oft erklärt und gerechtfertigt werden muss, geben Veranstaltungen wie diese Hoffnung. Sie zeigen, dass viele Unternehmen auf einem guten Weg sind – trotz bestehender Herausforderungen.
Ein herzliches Dankeschön an alle Teilnehmenden, Organisator:innen und Sponsoren – ihr habt ein inspirierendes Event möglich gemacht. Ich freue mich schon auf das nächste Barcamp und auf die UX-Lernreise!
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